Die Rhein Zeitung aus Koblenz hat in einem Kommentar, der leider nicht online ist, mal etwas reflektierter auf das aktuelle Waters-Bashing in den Medien reagiert. Ich stelle das mal hier zusammen mit dem allgemeinen Artikel online:
Antisemitismus-Vorwurf: ARD verbannt Roger Waters
Debatte
Was Musiker mit dem Nahostkonflikt zu schaffen haben
Berlin. Aufschrei in der Musikbranche: Mehrere ARD-Sender verzichten auf eine Präsentation der Konzerte von Pink-Floyd-Star Roger Waters in Deutschland. Laut RBB reagiere man damit auf die Antisemitismusvorwürfe gegen Waters. Deshalb werden dessen Auftritte am 1. und 2. Juni in Berlin nicht von den RBB-Wellen präsentiert. Der Sender will so ein Zeichen gegen die Boykottaufrufe des Sängers zu Israelauftritten anderer Künstler setzen. Auch andere ARD-Anstalten verzichten auf eine Übertragung. Dazu gehören WDR, NDR sowie SWR und BR, wie ein ARD-Sprecher erklärte. Der WDR hatte als erstes auf die Antisemitismus-vorwürfe reagiert. Bereits mehrfach hat Waters zum Boykott Israels aufgerufen und auf Konzerten Ballons in Schweineform aufsteigen lassen, auf denen neben anderen Symbolen wie dem Kruzifix auch der Davidstern zu sehen war. Der Mitbegründer der Rockband Pink Floyd, die mit ihrem Album „The Wall" Musikgeschichte schrieb, gilt als Unterstützer der BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) gegen Israel. Das internationale Netzwerk ruft unter anderem zum Kulturboykott und Sanktionen gegen Israels Palästinenserpolitik auf. Immer wieder greift die Initiative internationale Musiker an und setzt sie öffentlich unter Druck, indem sie fordert, Konzerte in Israel abzusagen oder eine Liste „Künstler für Palästina" zu unterzeichnen.
Netzwerk BDS zündelt gezielt Dass sich Musiker pro oder kontra BDS positionieren, ist nicht neu -und zeigt, welchen Einfluss das Netzwerk hat: Erst kürzlich bekannte etwa der australische Sänger Nick Cave Farbe gegen BDS -und Roger Waters. Nachdem Cave viele Jahre nicht in Tel Aviv aufgetreten war, auch weil die Aktivisten ihn bedrängten, erklärte er vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv: „Wenn man in Israel spielt, erlebt man eine Art öffentliche Demütigung von Roger Waters und Co. Und niemand möchte öffentlich beschämt werden." Auch wolle er Gesicht zeigen: „Weil es mir plötzlich sehr wichtig wurde, Stellung zu beziehen gegen Leute, die versuchen, Musiker zu schikanieren, zu zensieren und sie zum Schweigen zu bringen." Die Kampagnen von BDS wirken nicht nur in Israel, auch in Deutschland mischten die Aktivisten in diesem Jahr die Berliner Kulturlandschaft auf. Beim Pop-Kultur-Festival in der Hauptstadt sagten mehrere arabischstämmige Künstler auf Druck von BDS ihre Teilnahme ab. Der Grund: Die Kulturabteilung der Israelischen Botschaft in Berlin stellte einen Reisekostenzuschuss von 500 Euro für die Künstler zur Verfügung - für BDS Anlass genug, um einen Boykottaufruf zu starten. Marek Lieberberg kritisiert Aktion Wie schmal der Grat ist, auf dem man als BDS-Unterstützer wandelt, bekommt nun nicht nur Roger Waters zu spüren, auch die britische Künstlerin Kate Tempest erlebte erst im Oktober, was ein BDS-Bekenntnis nach sich zieht: Wegen Morddrohungen vom Anti-BDS-Lager musste sie einen Auftritt in der Berliner Volksbühne absagen. Im Fall Waters erklärte nun die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger: „Hier Position zu beziehen, ist ein wichtiges Signal an die jüdischen Gemeinden in Berlin und Brandenburg." Konzertveranstalter Marek Lieberberg hält das Verhalten der ARD-Sender hingegen laut einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen" für „absolut lächerlich" . Waters habe zwar eine bedenkliche private Meinung zu Israel. Er sei offen Mitglied einer Boykottbewegung, die Lieberberg ablehne. „Aber ich kann und will ihm sein Recht auf Meinungsfreiheit nicht bestreiten", erklärte der Musikmanager, der selbst ein Kind von Holocaustüberlebenden ist. „Wenn die Öffentlich-Rechtlichen einen Beitrag leisten möchten, fände ich es beispielhaft, wenn vor allen Beiträgen über Luther oder Wagner-Aufführungen auf die teilweise blutrünstigen antisemitischen Theorien dieser Herren hingewiesen würde. Da gäbe es wirklich Nachholbedarf." Das Werk von Waters sei hingegen weder antisemitisch oder antijüdisch, so Lieberberg, Chef von Roger Waters' Tourveranstalter Live Nation. „Der Kanon von Waters und Pink Floyd ist und bleibt genial. " mes/dpa
Kommentar
Volker Schmidt zum streitbaren Verhalten der ARD-Sender:
Israelkritik muss möglich sein: ARD-Sender stoßen Fans vor den Kopf
Ein Signal des Verstehens will WDR-Intendant Tom Buhrow durch das Ende der Zusammenarbeit mit Roger Waters an die jüdischen Gemeinden senden, wie der Sender am Montag meldete. Allerdings muss man Buhrow attestieren, dass er mindestens eine Sache nicht verstanden hat: Roger Waters ist kein leidenschaftlicher Antisemit, wie er in der an Buhrow gerichteten Petition bezeichnet wird. Durch seine Entscheidung vermeidet der Intendant zwar eine weitere Konfrontation mit den rund 1600 Unterstützern der Petition, stößt aber gleichzeitig Zehntausende Fans vor den Kopf, die im Sommer 2018 die Konzerte des Pink-Floyd-Mastermind besuchen wollen. Denn ihnen wird nun indirekt suggeriert, dass sie einem Antisemiten zujubeln werden. Fans, deren politischer Blick durch ein Album wie „The Wall" geschärft wurde. Ein Album, mit dem Waters klar und unmissverständlich aufzeigte, wie gefährlich es ist, sich abzugrenzen, wie krank es ist, andere zu unterdrücken. Waters schießt in seiner Kritik an Israel, an der Außen- und Siedlungspolitik des Staates, zugegebenermaßen manchmal übers Ziel hinaus, zum Beispiel wenn er andere Künstler angreift, weil sie in Israel auftreten. Auch seine Unterstützung der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions", die den Staat Israel politisch, kulturell und wirtschaftlich isolieren will, um die Rechte der Palästinenser zu stärken, muss man kritisch hinterfragen. Denn mit einem Boykott schadet man nicht nur dem Staat, sondern auch den Menschen, die darin leben. Die bei seinen Konzerten verwendete Symbolik ist zudem sicher provokant. Aber: Waters Kritik richtet sich gegen den Staat Israel, gegen die Regierenden, nicht gegen die Juden. Eine solche Kritik muss möglich sein. Gerade für einen Künstler wie Waters, der Enkelkinder jüdischen Glaubens hat und dessen Vater im Krieg gegen die Nazis gefallen ist. Auch das muss man berücksichtigen. Wer in der Zusammenarbeit mit Waters die Unterstützung eines neuen „Kauft nicht bei Juden" sieht, wie es in der Petition zu lesen ist, verharmlost das, was den Juden im Dritten Reich angetan wurde. Und wer Kritik am 'Staat Israel gleichsetzt mit Antisemitismus, macht sich politisch handlungsunfähig. Die Fähigkeit und den Mut, zwischen Israelkritik und Judenhass zu differenzieren, hätte ich mir von einem öffentlich-rechtlichen Sender gewünscht.
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Antisemitismus-Vorwurf: ARD verbannt Roger Waters
Debatte
Was Musiker mit dem Nahostkonflikt zu schaffen haben
Berlin. Aufschrei in der Musikbranche: Mehrere ARD-Sender verzichten auf eine Präsentation der Konzerte von Pink-Floyd-Star Roger Waters in Deutschland. Laut RBB reagiere man damit auf die Antisemitismusvorwürfe gegen Waters. Deshalb werden dessen Auftritte am 1. und 2. Juni in Berlin nicht von den RBB-Wellen präsentiert. Der Sender will so ein Zeichen gegen die Boykottaufrufe des Sängers zu Israelauftritten anderer Künstler setzen. Auch andere ARD-Anstalten verzichten auf eine Übertragung. Dazu gehören WDR, NDR sowie SWR und BR, wie ein ARD-Sprecher erklärte. Der WDR hatte als erstes auf die Antisemitismus-vorwürfe reagiert. Bereits mehrfach hat Waters zum Boykott Israels aufgerufen und auf Konzerten Ballons in Schweineform aufsteigen lassen, auf denen neben anderen Symbolen wie dem Kruzifix auch der Davidstern zu sehen war. Der Mitbegründer der Rockband Pink Floyd, die mit ihrem Album „The Wall" Musikgeschichte schrieb, gilt als Unterstützer der BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) gegen Israel. Das internationale Netzwerk ruft unter anderem zum Kulturboykott und Sanktionen gegen Israels Palästinenserpolitik auf. Immer wieder greift die Initiative internationale Musiker an und setzt sie öffentlich unter Druck, indem sie fordert, Konzerte in Israel abzusagen oder eine Liste „Künstler für Palästina" zu unterzeichnen.
Netzwerk BDS zündelt gezielt Dass sich Musiker pro oder kontra BDS positionieren, ist nicht neu -und zeigt, welchen Einfluss das Netzwerk hat: Erst kürzlich bekannte etwa der australische Sänger Nick Cave Farbe gegen BDS -und Roger Waters. Nachdem Cave viele Jahre nicht in Tel Aviv aufgetreten war, auch weil die Aktivisten ihn bedrängten, erklärte er vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv: „Wenn man in Israel spielt, erlebt man eine Art öffentliche Demütigung von Roger Waters und Co. Und niemand möchte öffentlich beschämt werden." Auch wolle er Gesicht zeigen: „Weil es mir plötzlich sehr wichtig wurde, Stellung zu beziehen gegen Leute, die versuchen, Musiker zu schikanieren, zu zensieren und sie zum Schweigen zu bringen." Die Kampagnen von BDS wirken nicht nur in Israel, auch in Deutschland mischten die Aktivisten in diesem Jahr die Berliner Kulturlandschaft auf. Beim Pop-Kultur-Festival in der Hauptstadt sagten mehrere arabischstämmige Künstler auf Druck von BDS ihre Teilnahme ab. Der Grund: Die Kulturabteilung der Israelischen Botschaft in Berlin stellte einen Reisekostenzuschuss von 500 Euro für die Künstler zur Verfügung - für BDS Anlass genug, um einen Boykottaufruf zu starten. Marek Lieberberg kritisiert Aktion Wie schmal der Grat ist, auf dem man als BDS-Unterstützer wandelt, bekommt nun nicht nur Roger Waters zu spüren, auch die britische Künstlerin Kate Tempest erlebte erst im Oktober, was ein BDS-Bekenntnis nach sich zieht: Wegen Morddrohungen vom Anti-BDS-Lager musste sie einen Auftritt in der Berliner Volksbühne absagen. Im Fall Waters erklärte nun die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger: „Hier Position zu beziehen, ist ein wichtiges Signal an die jüdischen Gemeinden in Berlin und Brandenburg." Konzertveranstalter Marek Lieberberg hält das Verhalten der ARD-Sender hingegen laut einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen" für „absolut lächerlich" . Waters habe zwar eine bedenkliche private Meinung zu Israel. Er sei offen Mitglied einer Boykottbewegung, die Lieberberg ablehne. „Aber ich kann und will ihm sein Recht auf Meinungsfreiheit nicht bestreiten", erklärte der Musikmanager, der selbst ein Kind von Holocaustüberlebenden ist. „Wenn die Öffentlich-Rechtlichen einen Beitrag leisten möchten, fände ich es beispielhaft, wenn vor allen Beiträgen über Luther oder Wagner-Aufführungen auf die teilweise blutrünstigen antisemitischen Theorien dieser Herren hingewiesen würde. Da gäbe es wirklich Nachholbedarf." Das Werk von Waters sei hingegen weder antisemitisch oder antijüdisch, so Lieberberg, Chef von Roger Waters' Tourveranstalter Live Nation. „Der Kanon von Waters und Pink Floyd ist und bleibt genial. " mes/dpa
Kommentar
Volker Schmidt zum streitbaren Verhalten der ARD-Sender:
Israelkritik muss möglich sein: ARD-Sender stoßen Fans vor den Kopf
Ein Signal des Verstehens will WDR-Intendant Tom Buhrow durch das Ende der Zusammenarbeit mit Roger Waters an die jüdischen Gemeinden senden, wie der Sender am Montag meldete. Allerdings muss man Buhrow attestieren, dass er mindestens eine Sache nicht verstanden hat: Roger Waters ist kein leidenschaftlicher Antisemit, wie er in der an Buhrow gerichteten Petition bezeichnet wird. Durch seine Entscheidung vermeidet der Intendant zwar eine weitere Konfrontation mit den rund 1600 Unterstützern der Petition, stößt aber gleichzeitig Zehntausende Fans vor den Kopf, die im Sommer 2018 die Konzerte des Pink-Floyd-Mastermind besuchen wollen. Denn ihnen wird nun indirekt suggeriert, dass sie einem Antisemiten zujubeln werden. Fans, deren politischer Blick durch ein Album wie „The Wall" geschärft wurde. Ein Album, mit dem Waters klar und unmissverständlich aufzeigte, wie gefährlich es ist, sich abzugrenzen, wie krank es ist, andere zu unterdrücken. Waters schießt in seiner Kritik an Israel, an der Außen- und Siedlungspolitik des Staates, zugegebenermaßen manchmal übers Ziel hinaus, zum Beispiel wenn er andere Künstler angreift, weil sie in Israel auftreten. Auch seine Unterstützung der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions", die den Staat Israel politisch, kulturell und wirtschaftlich isolieren will, um die Rechte der Palästinenser zu stärken, muss man kritisch hinterfragen. Denn mit einem Boykott schadet man nicht nur dem Staat, sondern auch den Menschen, die darin leben. Die bei seinen Konzerten verwendete Symbolik ist zudem sicher provokant. Aber: Waters Kritik richtet sich gegen den Staat Israel, gegen die Regierenden, nicht gegen die Juden. Eine solche Kritik muss möglich sein. Gerade für einen Künstler wie Waters, der Enkelkinder jüdischen Glaubens hat und dessen Vater im Krieg gegen die Nazis gefallen ist. Auch das muss man berücksichtigen. Wer in der Zusammenarbeit mit Waters die Unterstützung eines neuen „Kauft nicht bei Juden" sieht, wie es in der Petition zu lesen ist, verharmlost das, was den Juden im Dritten Reich angetan wurde. Und wer Kritik am 'Staat Israel gleichsetzt mit Antisemitismus, macht sich politisch handlungsunfähig. Die Fähigkeit und den Mut, zwischen Israelkritik und Judenhass zu differenzieren, hätte ich mir von einem öffentlich-rechtlichen Sender gewünscht.
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Martin
[Neccropole]
I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
[Neccropole]
I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)