Roger Waters 'Us+Them' Tour 2017...

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    • Ich habe in Chicago mal das "Deckenelement" mit dem Battersea-Bereich fotografiert:

      In der Mitte ist der schmale Bereich mit den motorgetriebenen Leinwänden und den schwarzen Kästen, in denen sich die Schornsteine befinden, zu sehen; außen herum ist die Konstruktion mit den Beamern und der sonstigen Beleuchtung zu finden...

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      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • „Geht doch zu Katy Perry“

      Das ist wieder so ein Zug von Waters den ich persönlich gar nicht schätze. Das nach seiner Musik "nichts mehr kam" wird er ja nicht müde zu betonen, aber hat sich nicht Katy Pery auch im Wahlkamp für Clinton eingesetzt ?
    • Patrick schrieb:

      „Geht doch zu Katy Perry“

      Das ist wieder so ein Zug von Waters den ich persönlich gar nicht schätze. Das nach seiner Musik "nichts mehr kam" wird er ja nicht müde zu betonen, aber hat sich nicht Katy Pery auch im Wahlkamp für Clinton eingesetzt ?
      Im Ernst Paddy? Es geht bei dieser eher lustigen Antwort nicht um die Musik von Perry! Es geht darum, dass sich Leute darüber beschweren, dass seine Shows zu politisch sind.

      1. Frage: Ist das für jemanden, der sich mit Waters auch nur entfernt auskennt, nicht eine selten dämliche Kritik oder Forderung an Waters? Der war doch schon IMMER "politisch" in irgendeiner Weise.

      2. Hat er nicht Recht damit, wenn er denjenigen empfiehlt sich lieber ein Perry-Konzert anzusehen (da sie dort nicht mit politischen Botschaften konfrontiert und ausschließlich unterhalten werden)?

      3. Oder würdest Du sagen, dass Perry's Shows politisch motiviert sind oder dort eindeutige politische Botschaften transportiert werden?

      4. Nur nebenbei: Waters war auch von Clinton nicht besonders begeistert, er hat eher Bernie Sanders (der für amerikanische Verhältnisse sehr "links" war) unterstützt, aber das war in diesem Zusammenhang wohl überhaupt nicht der Grund für das Beispiel 'Perry'.

      Schau' Dir mal das Video an bei dem Waters den entsprechenden Satz sagt: Das ist eine eher lustig/zynische Antwort (oder sollte ich sagen 'britischer Humor') auf eine so, sorry dämliche, Kritik an den politischen Inhalten seiner Show. Der Interviewer lacht und hat den Witz verstanden...

      Waters kritisiert dort übrigens vorher den amerikanischen Trend, dass alles in den USA irgendwie "Unterhaltung" oder "unterhaltend" sein muss, sogar bei den Medien. Und dass ernstere Betrachtungen - weil nicht Quotenfördernd - eher selten sind. Damit kritisiert er eben auch Menschen, die immer nur unterhalten sein wollen und dann Künster, die sich politisch engagieren, genau aus diesem Grund kritisieren.

      Im Grund sagt er inhaltlich nur: "Wenn Dir das nicht passt, was ich mache, dann schau Dir eben was anderes an - es interessiert mich nicht." Ich finde, damit hat er auch Recht...

      Kurz vorher wird er übrigens gefragt, ob seine politischen Einlassungen nicht dazu führen, dass er wirtschaftlich möglicherweise nicht so erfolgreich ist, wie er sein könnte, wenn er weniger politisch wäre und weniger anecken würde. Er sagt inhaltlich etwa, er wüsste es nicht - nennt das Beispiel mit American Express, die sich aus seiner amerikanischen Promotion zurückgezogen haben, nun aber seine Kanada-Shows unterstützen - und äußerst sich in etwa in der Hinsicht, dass er sagt: Man muss sich entscheiden, ob man das macht, was einem wichtig ist oder das, was am meisten Kohle bringt.

      Kleiner, persönlicher, allgemeiner Tipp - nebenbei - gilt für alle Medien und betrifft nicht diesen speziellen RS Artikel, sondern eher das Thema "Medienkompetenz" - gerade in Zeiten von "Fakenews":
      Es ist immer gut, sich die originale Aussage anzusehen, und den gesamten Kontext in dem die Antwort gegeben wurde, bevor man sich zu schnell eine eigene, möglicherweise unrichtig oder verzerrte Meinung aufgrund eines bestimmten Artikels bildet. Oft sind Zitate oder Berichte über eine einzelne Äußerung, ohne den Zusammenhang in dem sie getätigt wurde, eher eine "Halbwahrheit" und damit m. E. gefährlicher (und hinterhältiger!) als Unwahrheiten: Lügen und Unwahrheiten kann man nämlich sehr viel leichter als solche identifizieren... ;)

      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • @Neccropole
      Bezüglich der Aufschrift auf dem Schwein (etwa bei 05:45)
      habeus corpus matters alot

      "Vorführungsbefehl zur Haftprüfung" (also die Überprüfung einer Freiheitsentziehung durch einen Richter) habe ich als Übersetzung bei leo.org gefunden, aber mit der Schriftweise "habeas"!
      Ist das ein Schreibfehler auf dem Schwein (was ich mir nur schwer vorstellen kann) oder haben wir hier die gleiche Sache, nur mit unterschiedlicher Schreibweise?
      hardy
    • @hardy

      Es heißt "habeas corpus", das ist auf dem Schwein nur wegen der schlechten Auflösung und der artefacte (Verpixelung) nicht richtig zu sehen. Das ist übrigens die Aufnahme eines "alten Schweines". Es ist nicht das Schwein zur aktuellen Tour, das ist ROT.

      Wikipedia:
      "Habeas Corpus (lateinisch „du sollst den Körper bringen“) waren die einleitenden Worte von Haftprüfungsanweisungen im Mittelalter. Durch den Habeas Corpus Act in England wurde aus den beiden Worten ein Begriff für das Recht Verhafteter auf unverzügliche Haftprüfung vor Gericht. Lange nach der Magna Carta und kurz vor der Bill of Rights war dieses Gesetz im Jahr 1679 ein historischer Schritt zum Rechtsstaat.
      In Deutschland können die „Habeas-Corpus-Garantien“ von Art. 104 des Grundgesetzes durch Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, weil sie grundrechtsgleiches Recht sind. Mehrtägiger Freiheitsentzug unterliegt dem Richtervorbehalt. Die „Habeas-Corpus-Rechte“ waren schon in die Weimarer Verfassung aufgenommen worden."

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      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • Das war mir schon klar, trotzdem finde ich es in dem Fall bisschen unfair die Aussage so zu personalisieren. Wobei ich wohl, wenn es nur um die Familie um Kim K. Gegangen wäre ,nichts gesagt hätte.

      Waters und ich werden wohl nie wirklich freunde ;(
    • Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 6. August 2017 zum Thema "Roger Waters und sein Trump Bashing bei seiner 'Us + Them'-Show"

      Da der Artikel nur für Abonnenten freigegeben ist, hier eine Textkopie:

      Roger Waters auf US-Tour - Schweinesystem - Teil 1

      Trump als Zustand, das ist für viele Amerikaner irgendwie normal geworden. Nun kam Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters nach Washington - und erteilte dem Land einen kräftigen Arschtritt.

      Dann, so etwa nach einer Dreiviertelstunde, packt Roger Waters den Hammer aus. Nicht den kleinen fürs Herumwerkeln daheim, sondern den großen, den Dreißigpfünder, mit dem man Bahnschienen krumm kloppen kann. Er steht auf der Bühne, reckt die Faust, und die Sätze, die er da plötzlich ins Mikrofon raunzt, sind wie Hiebe - schwer, hart und endgültig: "Picture a shithouse with no fucking drains / Picture a leader with no fucking brains", donnert er, und weiter: "No fucking brains, no fucking brains . . ."

      Überall in der Halle reißen die Leute die Arme hoch und jubeln, denn natürlich weiß jeder, welches Scheißhaus der Mann da vorne meint, das keinen verdammten Abfluss hat. Und von welchem Anführer er redet, dem das verdammte Hirn fehlt. Es sind nur ein paar Blocks vom Verizon Center in Washington, in dem Roger Waters herumwütet, bis zum Weißen Haus, in dem zu diesem Zeitpunkt der amerikanische Präsident Donald Trump seine Abreise in die Ferien vorbereitet, die ersten, seit er vor gut sechs Monaten sein Amt angetreten hat. Er hat sich etwas Urlaub verdient - und das Land ja auch -, nachdem er in den vergangenen Tagen noch einmal kräftig aufgedreht hatte, hier Leute gefeuert, dort einen Minister angepöbelt und insgesamt das Chaos, das ihn umgibt, noch etwas chaotischer gemacht hat.

      Was die Termine angeht, ist das sicher Zufall. Doch eigentlich passt es ganz gut zusammen: Donald Trump verzieht sich für ein paar Tage nach New Jersey auf einen seiner Golfplätze. Und Roger Waters, legendärer Mitgründer und Kopf der britischen Rockband Pink Floyd, Spezialist für die Vertonung von Albträumen aller Art, kommt auf seiner USA-Tour für zwei Konzerte nach Washington und gibt seinen Kommentar dazu ab, wie er die Zeiten sieht. Es wird, um es vorweg zu nehmen, ein großer, aber kein heiterer Abend.

      Die meiste Kritik war lahmes Hipstergesäusel, etwas Empörung und blasiertes Stirnrunzeln

      Nun ist es nicht so, als mangele es in Amerika an Künstlern, die in den vergangenen Monaten etwas über Trump zu sagen hatten. Aber die meiste Kritik war doch eher lahmes und kleinteiliges Hipstergesäusel aus dem Bereich "Alternative Adult". Ein bisschen Empörung, ein bisschen blasiertes Stirnrunzeln, ein bisschen Igitt, und der Präsident solle sich doch mal netter benehmen gegenüber Frauen, Schwarzen und Transsexuellen. Die Schauspielerin Kathy Griffin versuchte dann mal brachial, witzig und kritisch zu sein, und hielt eine Plastikmaske in eine Kamera, die aussah wie der abgeschnittene Kopf von Donald Trump. Das war als Protestaktion mäßig erfolgreich und hat sie umgehend die Karriere gekostet. Seitdem sind Amerikas Musiker und Schauspieler auffällig still geworden, wenn es um Politik geht.

      Von Roger Waters kann man das nicht behaupten. Der Brite verachtet und verabscheut Donald Trump mit tief empfundener, fast schon unbritischer Inbrunst. Man kann dem Musiker dabei nicht einmal vorhalten, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, denn schon Anfang Oktober 2016 lederte Waters in einer Show in Mexiko vor 300 000 Zuschauern gegen Trump, dessen Präsidentschaft damals die meisten Leute noch für sehr unwahrscheinlich hielten. Für seine jetzige Tour hat Waters eine Show entworfen, in der er seiner Verachtung und seinem Abscheu alle Zügel und Leinen abnimmt und sie als Munition benutzt für ein monumentales Trommelfeuer aus Musik, Texten, Effekten, Videos und Bildern. Es gibt derzeit unter all den großen Namen in der Unterhaltungsbranche schlicht keinen aggressiveren, schärferen, lauteren - und vielleicht intelligenteren - Kritiker von Donald Trump als den zornigen Alten aus der Grafschaft Surrey.

      Wem seine Show nicht passe, der könne sich ja Katy Perry anschauen, maulte Waters vor Kurzem, als ihn ein Journalist darauf ansprach, dass bei einigen Konzerten Besucher, die offenbar mehr von Trump halten, aus Protest gegangen sind. Das war Perry gegenüber etwas ungerecht, denn die Popsängerin hat voriges Jahr Wahlkampf für Trumps Gegnerin Hillary Clinton gemacht. Vielleicht wusste Roger Waters das nicht, vielleicht wollte er auch nur eine rotzige Bemerkung über junge unpolitische Popsängerinnen an sich machen und hat halt den falschen Namen erwischt. Typischer Rockstargrößenwahn. Andererseits liegt hier in Washington diese Frage nahe: Warum zur Hölle traut sich in Amerika eigentlich nur ein 73 Jahre alter, steinreicher Engländer mit Zweitwohnsitz in New York, vor ein paar Zehntausend Menschen von der Bühne zu schreien, dass er Donald Trump für einen geld- und machtgierigen, faschistoiden Idioten hält? Wieso haben sich alle anderen in ihr Nest aus fein verwebter Ironie zurückgezogen?

      Das Konzert beginnt als normales Konzert, Roger Waters spielt die Klassiker aus der Pink-Floyd-Zeit, er haucht "Breathe" in die Halle, hämmert "Time" hinterher und "The Great Gig In The Sky", danach singt er zwei, drei Lieder von seinem neuen Album "Is This The Life We Really Want". Doch dann zerbricht die Idylle, schon "Wish You Were Here", an Millionen Lagerfeuern wehmütig nachgezupft, hat nichts Sehnsüchtiges mehr, sondern klingt wie eine sarkastische Fortsetzung des Lieds davor, "Picture That", in der das verstopfte Klohaus und der hirnlose Anführer vorkommen und dazu noch diese böse Zeile: "Follow Miss Universe catching some rays / Wish you were here in Guantanamo Bay". Ein brillanter Texter ist Roger Waters immer schon gewesen.

      Von da an ist der Auftritt eine einzige Agitprop-Show gegen Trump. Bei den Konzerten in Trump-Land, in Missouri, Kentucky und Oklahoma, haben einige Besucher gepfiffen und die Halle verlassen, es gab böse Kommentare im Netz von Menschen, die schrieben, sie seien seit fünf Jahrzehnten Pink-Floyd-Fans, aber sie würden es Waters nicht erlauben, dass er ihren Präsidenten verächtlich mache. Waters seinerseits machte sich lustig über diese Leute: Wenn sie seit fünf Jahrzehnten Pink-Floyd-Fans seien, sei es erstaunlich, dass sie sich nun über seine Show wunderten.

      Viele sehen Trump mit Abscheu und Scham. Aber ebenso viele machen trotzdem bei ihm mit
      Und immerhin: Man kann dem Künstler nicht vorwerfen, dass er, wie so viele seiner Kolleginnen und Kollegen, feige in seiner Filterblase bleibt. Er geht mit seiner gigantischen Show tatsächlich raus zum Feind, in den Rostgürtel und den Mittelwesten, dorthin, wo Trump gesiegt hat, wo dessen Anhänger sitzen und auf ihre Weise hassen. In Washington, wo Trump voriges Jahr kaum fünf Prozent der Stimmen bekam, ist man an diesem Abend freilich unter sich und sehr begeistert.

      Das Herzstück von Waters' Show ist das Lied "Pigs", veröffentlicht vor sage und schreibe 40 Jahren auf dem beängstigend visionären Album "Animals". Es ist eine kalte, bitterböse Abrechnung mit den Mächtigen und Neureichen, reine, lyrische Wut, und obwohl das Stück von 1977 ist, klingt es, als habe Waters es genau für diesen Ort und diese Zeit geschrieben: für Washington, die Hauptstadt Amerikas, im Sommer 2017, in dem Donald Trump Präsident ist und sich von seinen Unterlingen als "Führer der freien Welt" preisen lässt.

      Als Waters "Pigs" spielt, lässt er das berühmte, aufgeblasene Pink-Floyd-Plastikschwein durch die Halle schweben - blutrot, mit toten Augen und einem schwarzen Trump-Bild auf dem Bauch. Dazu werden Fotomontagen von Trump auf große Screens geworfen: Trump auf dem Arm des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Trump als Baby, als Schwein, als Transvestit mit rotem Mund. Trump mit Ku-Klux-Klan-Haube. Trump nackt, die Kamera fährt hinunter über den Bauch zu einem Büschel Schamhaare, aus dem ein sehr kleiner Penis hängt. Und dann flackert ein Bild von Adolf Hitler durch die Halle, der "Führer" in Uniform, circa 1936, der eine Parade abnimmt, von schräg unten fotografiert, aufrecht, mit hochgerecktem Arm. Auf Hitlers Hals sitzt der Kopf von Trump. Wie gesagt: Vorschlaghammer. Nach dem Lied zuckt noch für einige Sekunden ein Satz auf den Leinwänden: "Trump is a pig."

      Es gibt in Washington gerade sehr viele, die paradieren

      Nein - Subtilität ist keine Kunst, in der Roger Waters noch irgendeine Meisterschaft anstrebt, allenfalls in der teils überraschend zarten Musik, nicht aber in der Botschaft. "Es gibt so viel Liebe in diesem Land", sagt er später zum Abschied: "Man muss sie nur sammeln und an die Oberfläche steigen lassen." Ob seine Show dazu beigetragen hat, dass sich die Liebe in Amerika sammelt und an die Oberfläche steigt, sei einmal dahingestellt.

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      Subtilität ist keine Kunst, die Roger Waters beherrscht.
      Seine Botschaften sind klar und angreifbar.
      Aber mit ihnen tritt er auch beim Feind auf, im Rostgürtel und im Mittelwesten der USA.
      Foto: Kevin Winter / Getty Images / afp
      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • Roger Waters auf US-Tour - Schweinesystem - Teil 2

      Aber vielleicht ist der wahre Nutzen von Roger Waters' Show auch ein ganz anderer, gerade für Washington: Man kann von Trump-Hitler-Vergleichen ja halten, was man mag. Aber was, wenn es tatsächlich dringend nötig ist, dass hier in der amerikanischen Hauptstadt mal jemand, Verzeihung, einige kräftige Arschtritte verteilt? Denn man soll sich nichts vormachen: Es gibt zwar sehr viele Menschen hier, die Trumps Gewurstel, sein bizarres Verhalten, den ganzen Irrsinn, den er verbreitet, mit Grauen und Scham sehen. Aber es gibt mindestens so viele, die trotzdem mitmachen. Trump ist inzwischen für den Politik- und auch den Kulturbetrieb derart "normal" geworden, dass der kluge Journalist Mike Allen es vor einigen Tagen für notwendig hielt aufzulisten, was am Treiben des Präsidenten in Wahrheit eben nicht normal ist. Unter anderem gehört dazu das Erzählen von offensichtlichen Lügen, das Vertuschen konspirativer Verbindungen zur russischen Regierung, das öffentliche Demütigen und Beschimpfen von Mitarbeitern, Ministern und Verbündeten. Auch dass nur sechs Monate nach Amtsbeginn dem Präsidenten bereits ein Sonderermittler im Nacken sitzt, ist nicht normal.
      Wie man gedemütigt wird, weiß Reince Priebus. Trump gab ihm den Befehl, eine Fliege zu töten
      Trotzdem hat Donald Trump eine mehr oder weniger funktionierende Regierungsmannschaft gefunden, die Stellen im Weißen Haus sind besetzt. Die Republikaner im Kongress schauen zwar gequält, wenn sie nach Trumps Twitter-Ausbrüchen gefragt werden. Aber Trump nennen sie immer noch my President. Wenn man also einmal das ganze Getöse und das Pathos von Waters' Show abzieht, bleibt am Ende immer noch eine alte Wahrheit übrig: Es gibt denjenigen, der die Parade abnimmt. Aber es gibt eben auch diejenigen, die vor ihm paradieren. Und von diesen gibt es gerade in Washington sehr, sehr viele.

      Warum das so ist, auch das kann man ganz gut mit Roger Waters erklären. 1984 hat er ein schönes, nicht allzu apokalyptisches Album veröffentlicht, "The Pros and Cons of Hitch Hiking". In dem gleichnamigen Lied erzählt er, was einem so an Gutem und Schlechtem passieren kann, wenn man per Anhalter unterwegs ist. Läuft es gut - und das ist jetzt hier nur zitiert -, dann gabelt einen die gelangweilte Hausfrau aus Encino auf, deren Mann auf dem Golfplatz herumhängt. Sie bremst, wendet, was dann passiert, kann man sich ausmalen: "Du wirfst die Angel aus / Der Fisch zappelt am Haken / Süßer Wodka und Tabak in ihrem Atem / Wieder eine Nummer in deinem kleinen schwarzen Buch."

      Läuft es hingegen schlecht, bekommt man es mit einem Hells Angel zu tun, der ranfährt, sein Motorrad aufbockt, einem eine ölige Pfote hinstreckt und nett tut. "Dann nimmt er deine Hand / mit einem seltsamen kalifornischen Handgriff / und bricht dir die Knochen."

      Soweit die Vor- und Nachteile des Per-Anhalter-Fahrens, wie Roger Waters sie sieht. Am Beispiel von Trumps Regierung lassen sie sich exemplarisch studieren. Kurz gesagt: Es gibt jede Menge Leute, die bei ihm mitfahren wollen und hoffen, er sei die Hausfrau, und es werde die Reise ihres Lebens. Am Ende liegen sie mit gebrochenen Knochen da. Pech, Deppen . . .

      Reince Priebus zum Beispiel wüsste genau, was Waters meint. Er war Trumps erster Stabschef, ein braver Parteifunktionär, der dachte, er könne den Präsidenten irgendwie zähmen und an den Karren der Republikaner schirren. Trump hat ihn monatelang bei Sitzungen verhöhnt, einmal gab er ihm den Befehl, eine Fliege zu töten, die durchs Zimmer surrte. Auch Sean Spicer, Trumps unglückseliger Pressesprecher, hatte sich ein schöne Karriere als Mitfahrer erhofft. Stattdessen wurde er jeden Tag vom Präsidenten gemaßregelt, musste Trumps Lügen wiederkäuen, und in der Comedy-Show Saturday Night Live wurde er von einer Frau dargestellt.

      Gerade als Spicer dämmerte, mit wem er es da wirklich zu tun hatte, hielt ein New Yorker Finanzmensch namens Anthony Scaramucci den Daumen raus. Seine Fernsehauftritte, in denen er Trump verbissener verteidigte, als Spicer das je tat, hatten den Präsidenten beeindruckt. Und weil Scaramucci eine blau verspiegelte Sonnenbrille trug und einen teuren Anzug, der ihm besser passte als Spicer das Zeug von der Stange, machte Trump ihn zum Kommunikationsdirektor im Weißen Haus. Zehn Tage später, nach einem unflätigen Telefonat mit einem Journalisten, flog er wieder raus. In Washington ist Scaramucci jetzt nur noch Stoff für hämische Witze.

      Der neueste Mitfahrer bei Trump heißt John Kelly. Er wurde vor einer Woche als neuer Stabschef im Weißen Haus vereidigt, bisher war er Heimatschutzminister. Kelly ist aus härterem Material als sein Vorgänger Priebus oder Gestalten wie Spicer und Scaramucci, nicht aus Balsaholz sozusagen, sondern aus Waffenstahl. Er hat 40 Jahre in der US-Marineinfanterie gedient, das sind die Killer aus dem Film "Full Metal Jacket", und er hat es in dieser Zeit bis zum Vier-Sterne-General gebracht. Kelly hat im Golfkrieg und im Irakkrieg gekämpft, er sei, so sagt ein Washingtoner Außenpolitiker, der ihn kennt und schätzt, ein Soldat durch und durch, der Politik eigentlich hasst. Er hat bei Trump angeheuert, weil er sein Land liebt und es als seine Pflicht ansieht, dem gewählten Präsidenten zu dienen, wenn dieser ihn zum Dienst ruft. Aber Kellys Bekannter ist sich sicher, dass der General a. D. früher oder später die Hells-Angel-Behandlung erfahren wird - genauso wie dessen Kollege H.R. McMaster, Trumps Sicherheitsberater, auch ein pflichtbewusster ehemaliger General, der dem Präsidenten dienen wollte und den rechtspopulistische Medien derzeit nach Belieben attackieren, ohne dass der Präsident ihn verteidigt. "Trump traut niemandem wirklich auf Dauer, außer seiner Familie", sagt der Außenpolitiker. "Irgendwann wird Trump Kelly satt haben. Trump bleibt Trump, egal welche Mitarbeiter er um sich hat."

      Dass es auch anders geht, mit Mut und Gewissen, zeigt Jeff Flake, ein sehr konservativer Republikaner
      Dass es auch anders geht, dass man nicht unbedingt mitparadieren oder bei Trump einsteigen muss, beweist ein Mann namens Jeff Flake. Flake ist Senator aus Arizona, ein konservativer, sogar sehr konservativer Mann, er steht also nicht wirklich in der politischen Ecke, aus der Roger Waters kommt, der am Ende seines Konzerts in Washington kleine Zettel aufs Publikum regnen lässt, als sei die Show ein amerikanischer Parteitag. Auf denen steht: "Resist". Leiste Widerstand!

      Dennoch ist Flake einer der härtesten Kritiker Trumps. Er hält den Präsidenten für einen gefährlichen, skrupellosen und unmoralischen Scharlatan, der nicht nur die Republikanische Partei, sondern Amerika ruinieren wird. Und Flake denkt das nicht nur oder flüstert es heimlich herum, sondern er hat es in einem Buch aufgeschrieben, mit einem Wort im Titel, das in Washington sehr aus der Mode gekommen ist: Gewissen. Vorige Woche kam es raus, und seitdem kann man sich anschauen, wer wirklich Mut hat im Senat - und offen zugibt, es gelesen zu haben.

      In Washington heißt es übrigens, Jeff Flake sei ein Fan von Pink Floyd.
      Hubert Wetzel

      6. August 2017, 18:00 Uhr
      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • Hier mal die Liste von Trumps Aussagen, die Roger Waters in seiner Show beim Song 'Pigs' nacheinander in weißer Schrift auf schwarzem Grund auf alle Leinwände projizieren lässt - und sein abschließender Kommentar dazu - einschließlich der deutschen Übersetzung in rot darunter... ;)

      Trump.jpg
      Martin
      [Neccropole]

      I don't need your tongue to cut me (Roger Waters)
    • Ich muss gestehen - und das ist kein Scherz - ich habe Angst das irgendein Trumpschwachmat unseren Roger über den Haufen schießt.
      Wie oft habe ich mich dabei erwischt das ich mir wünsche, Trump möge sich den Hals brechen, wenn er winkend aus dem Flugzeug steigt. 71 Jahre, da kann man ja mal schnell stolpern...

      Roger spielt ja wirklich auch im tiefsten Trumpland und wenn man sich die letzten Tage anschaut... da gibt es so viele Idioten =O

      Ehrlich, ich bin froh wenn die US Tour vorüber ist...
      Der Mensch ist leider nicht naiv, der Mensch ist leider primitiv.
    • Klasse ;)

      Besonders das Trump look alike Basecap ist sicher 500€ wert :D :D :D und der Waters Badvorleger. Muss ich haben :D :D :D Damit man beim Geschäft immer an das angenehme Konzert erinnert wird :b2: :b2: :b2: :b2:

      Sorry Martin, ist nicht gegen dich. Ich finde diese VIP Pakete nur immer so herzallerliebst witzig - eben das mit "Tinnef" ordentlich Profit erwirtschaftet wird. Siehe einen Großteil des Inhalts der Immersionboxen.